Der Jakobsweg und ich – von Pontecesures nach O Faramello

Ich schlafe in Herbergen einfach nicht gut. Es liegt nicht mal daran, dass es immer einen schnarchenden Pilger gibt, sondern ganz typisch für mein chinesisches Sternzeichen „Hund“ ich wie ein Wachhund immer auf Alarmbereitschaft bin. Dadurch ist meine Nacht nicht gerade erholsam. Da freue ich mich schon fast, als der Wecker klingelt und wir unser Rucksack packen und in Richtung Padrón gehen. Wir überlegen noch den ca. 3,5 km langen Umweg über das Kloster von Herbón zu machen, gehen dann aber doch direkt weiter.

In Padrón treffen wir auch auf Alina. Sie hat mit uns in der gleichen Herberge übernachtet und ist eine fröhliche junge Frau. Wir gehen zusammen in einem Café frühstücken.

06 Frühstück in Padrón

Auf einmal hören wir von weitem jemanden meinen Namen rufen. Es ist Anna, die junge Polin die wie auch ich Diabetes mellitus Typ 1 hat. Sie kommt in Tränen aufgelöst auf mich zugerant und wir freuen uns sehr über dieses Wiedersehen 🙂 Sie erzählt uns, dass ihre Insulinpumpe die letzten 5 Jahre ohne Probleme ihren Dienst getan hat, kaputt gegangen ist. Sie muss nun seit ein paar Tagen mit einem Pen das benötigte Insulin zuführen. Zudem hat sie kein Langzeitinsulin dabei. Was für ein Glück für sie, dass ich immer auf Reisen eines als Ersatz dabei habe 🙂 Ich schenke Anna eine Ampulle Tresiba (Langzeitinsulin) und eine Ampulle Fiasp (Kurzzeitinsulin). Sie hat leider auch kein Rezept dabei und deswegen darf man ihr kein Insulin in der Apotheke verkaufen. Wie ich sonst auf Reisen meine Koffer packe, habe ich bereits in einem anderen Beitrag von mir beschrieben. Im übrigen muss ich mir auch mal hinter die Ohren schreiben, wenigstens eine Kopie eines Rezeptes in Zukunft bei längeren Auslandsaufenthalten dabei zu haben. Was ich bisher nicht wusste ist, dass Insulin auch für Doping genutzt wird. Insulin ist nun mal ein Wachstumshormon das aber bei einer falschen Dosierung absolut tödlich sein kann. Deswegen darf es nicht einfach ohne Rezept verkauft werden.

07 lovley Anna and me - 2 Diabetic sisters

Anna wartet noch auf ihre Freundin Goscha (ist der Spitzname von Malgorzata). Wir verabreden uns aber später in einer Herberge zu treffen. Tanja, Alina und ich begeben uns auf die kleine Wallfahrt zum Santiaguino do Monte. Direkt in Padrón geht es über 114 Stufen nach oben zu der Stelle an der, so die Überlieferung, der heilige Jakob seine erste Predigt auf spanischen Boden gehalten hat. Wird ohne Pause die Stufen erklommen, soll man gemäß der Legende in den vollen Genuss der Gnade kommen. Welche Gnade genau, weiss ich leider nicht, aber wir drei sind alle sehr andächtig, als wir diese Stufen empor steigen. Links und rechts sind Säulen in denen Pilgersymbole geschlagen sind. Oben angekommen gehen wir zu dem Steinkreuz und der Jakobusstatue. Nach einer Weile gehen wir wieder nach unten und sehen uns die Jakobuskirche an. Hier erhalten wir einen der schönsten Stempel des Weges für unseren Pilgerausweis und können auch richtige Kerzen entzünden. Hier finden wir an einer Wand noch eine bildliche Darstellung der ersten Predigt von Jakobus und viele Jahre später die Überstellung seines Leichnams nach Santiago de Compostela.

Bald schon müssen wir aber los, da wir doch noch ein paar Kilometer vor uns haben. Es geht wie die letzten Tage immer wieder über schmale Straßen und Schotterpisten und wir durchqueren kleine Ortschaften.

Erst kurz vor O Faramello müssen wir an einer sehr stark befahrenen Bundesstraße laufen. Das ist nicht ganz ungefährlich, da uns gerade mal – gefühlt – einen Meter von den vorbeibrausenden Autos trennt. Wir geben mehrere hundert Meter richtig Gas um von dieser Straße weg zu kommen. Links weg finden wir dann auch ein kleines Restaurant in dem wir erleichtert Platz nehmen. Anna ist auch nur wenige Minuten hinter uns und wir erfrischen uns an Cola und Milchkaffee. Ein Eis ist heute auch drinnen 🙂

21 Päuschen

Die letzten paar hundert Meter gehen wir gemeinsam zu unserer Herberge. Fröhlich singend (@Anna: I only say Bridget Jones: All by myself *lol*) beziehen wir unsere Betten und gehen dann frisch geduscht in den Garten. Erfreulicherweise können wir günstig unsere Klamotten waschen und an der Sonne trocknen lassen 🙂 Goscha kommt auch schon bald nach. Unter der spanischen Sonne lassen wir fünf es uns mit Essen und Trinken gutgehen. Als es dunkel wird, kommt die Hausherrin noch mit einem Stück Pilgerkuchen zu mir und singt mit allen anderen Pilgern ein Geburtstagsständchen für mich. Jemand hat ihr erzählt, dass ich morgen Geburtstag habe und sie wollte unbedingt schon mit mir feiern. Ich bin total gerührt und verdrücke eine paar Tränen. Alle hier sind wahrhaft bezaubernd.

Ich freue mich schon sehr morgen zu meinem Geburtstag in Santiago anzukommen. Das ist ein wunderschönes Geburtstagsgeschenk ❤

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